Neue Regeln bei Fernverkäufen: One Stop Shop ersetzt bekannte Lieferschwellen

Neue Regeln bei Fernverkäufen: One Stop Shop ersetzt bekannte Lieferschwellen


Ab dem 01. Juli 2021 treten neue Regelungen für den Fernverkauf in Deutschland in Kraft. Anstelle der bekannten Lieferschwelle kommt nun die One Stop Shop-Regelung zur Anwendung. Die JERA FIBU-Schnittstelle Afterbuy 2 DATEV unterstützt Onlinehändler dabei mit dem neuen ADD ON Lieferschwelle | OSS.

Die EU hat 2017 mit im Zuge der Reform des EU-Mehrwertsteuerrechts beschlossen, den grenzüberschreitenden Onlinehandel zu vereinfachen. Die Regelungen für die Umsatzsteuer im E-Commerce wurden damit in Stufen erneuert. Die Letzte tritt nun aufgrund der Corona-Pandemie zum 01. Juli 2021 in Kraft. Sie reformiert dann die Regelung des §3c UStG mit der Anwendung der One Stop Shop (OSS)-Regelung. Was bedeutet das jetzt für Sie als Onlinehändler?

Für wen gilt die Sonderregelung OSS?

Als One Stop Shop wird die Möglichkeit bezeichnet, alle im Unternehmen notwendigen bürokratischen Schritte an einer einzigen Stelle durchzuführen. Das OSS-System sorgt dafür, dass die einzelnen Umsatzsteuermeldungen in belieferten Ländern weitgehend entfallen. Im EU-Binnenmarkt sollen Unternehmen, die grenzüberschreitende Lieferungen tätigen, sich so nur noch einmal steuerlich registrieren müssen.

Das One Stop Shop-Verfahren findet unter bestimmten Voraussetzungen sowohl für inländische als auch ausländische Unternehmen Anwendung. Für Sie als inländischen Onlinehändler ist das in drei Fällen gegeben:

  1. Wenn Sie Dienstleistungen an Privatpersonen in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union erbringen, in denen Ihr Unternehmen nicht ansässig ist.
  2. Wenn Sie innergemeinschaftliche Fernverkäufe von Waren tätigen.
  3. Wenn Sie eine elektronische Schnittstelle zur Verfügung stellen, mit der Sie die Lieferung von Waren innerhalb eines Mitgliedstaats durch einen nicht in der Gemeinschaft ansässigen Steuerpflichtigen unterstützen. Mit dieser Schnittstelle werden Sie behandelt, als wenn Sie die Waren selbst geliefert hätten.

Der letzte Aspekt trifft auf die klassischen Marktplatzbetreiber, wie beispielsweise Amazon, zu. Neben diesen Voraussetzungen gilt für Sie als Onlinehändler zudem eine neue Lieferschwelle, um sich am Verfahren anmelden zu können.

Neue Lieferschwelle im OSS und zentrale Steuer-Registrierung

Die neue Lieferschwelle im One Stop Shop liegt bei einem Umsatz von 10.000 Euro. Alle Unternehmer, die einen Mindestumsatz in dieser Höhe erzielt haben, können das Verfahren nutzen. Die Lieferschwelle gilt außerdem nicht mehr je Land, sondern für die gesamte EU. Das bedeutet für Sie: Ab dem 01. Juli 2021 werden Sie in allen EU-Ländern, in denen Sie einen Umsatz erzielt haben, steuerpflichtig, sobald Sie in nur einem Land die 10.000 Euro Umsatz erlöst haben. Dann ist die Umsatzsteuer der jeweiligen Länder, in die geliefert wurde, abzuführen.

Durch das One Stop Shop-System müssen grenzübergreifend agierende Onlinehändler in Deutschland sich aber nicht mehr in jedem einzelnen dieser Länder steuerlich registrieren. Sie melden die Umsätze über das Bundeszentralamt für Steuern. Dort werden die Umsatzsteuern dann gesammelt und an die jeweiligen Länder abgeführt. Aber Achtung: Eine Kombination der Umsatzsteuermeldungen durch die direkte Registrierung und das OSS-Verfahren ist nicht möglich. Wer sich über das One Stop Shop-System anmeldet, kann die bestehenden Steuernummern wieder deregistrieren, sofern er nicht EU-Lager wie aus dem Amazon PAN EU-Programm nutzt.

In diesem Fall wird die bestehende Steuernummer für die Anmeldung der Warenverbringung benötigt. Lokale Erlöse, beispielsweise innerhalb Polens, sind dann keine Fernverkäufe und müssen in Polen angemeldet werden. Demgegenüber werden Verkäufe aus Polen nach Deutschland mit deutscher Umsatzsteuer als Fernverkauf bewertet werden und müssen über das One Stop Shop Verfahren gemeldet werden.

Fahrplan zur Meldung an das Bundeszentralamt für Steuern

Onlinehändler melden sich für das OSS-Verfahren per Elster-Formular beim Bundeszentralamt für Steuern an. Wer hier über das nun im OSS aufgehende MOSS-Verfahren angemeldet war, kennt bereits das Vorgehen. Als Onlinehändler laden Sie Ihre Meldedaten in einer .csv-Datei hoch oder können alternativ die Meldung von Hand erfassen. Das Meldeverfahren ist jedoch kein Ersatz für die Aufzeichnungspflicht der Buchführung. Diese Meldungen müssen weiterhin wie gewohnt nachvollziehbar für deutsche und ausländische Finanzbehörden dokumentiert werden und prüfbar sein.

Wer sich für das OSS-System anmelden kann und möchte, der hat die Möglichkeit, sich seit 01. April 2021 beim Bundeszentralamt für Steuern zu registrieren. Der erste zu meldende Zeitraum ist dann das 3. Quartal 2021. Die Meldung der Umsätze, die über OSS abgerechnet werden sollen, erfolgt zukünftig quartalsweise. Für die erste Meldung gilt nach Ende des Meldezeitraumes eine Frist von vier Wochen nach Ende des Meldezeitraumes. Die erstmalige Meldung der Umsätze muss also im Oktober 2021 erfolgen. Die Zahlung der Umsatzsteuern wird per Überweisung an das Bundeszentralamt für Steuern getätigt, da derzeit noch kein Lastschriftverfahren angeboten wird.

Vorteile des OSS-Systems

Ist es erst eingerichtet, bietet das neue Verfahren für Unternehmer, die ins Ausland verkaufen, eine deutliche Zeitersparnis.  Denn alle EU-Umsätze können zentral gemeldet und in Deutschland abgeführt werden. Sie müssen sich nicht mehr mit teilweise aufwendigen Registrierungen und Meldungen der Umsatzsteuern im EU-Ausland beschäftigen. Gleichzeitig verringert das One Stop Shop-Verfahren die steuerlichen und rechtlichen Risiken für Ihr Unternehmen. Und zu guter Letzt steht Ihnen durch die Quartalsmeldungen, anstatt der monatlichen Abführung, mehr Liquiditätsspielraum zur Verfügung.

Das OSS-System stellt bei allen Vorteilen aber auch neue Anforderungen an Ihre Finanzbuchhaltung. Es ist also ratsam, das Thema vorab mit Ihrem Steuerberater durchzusprechen. Gemeinsam können Sie herausfinden, ob One Shop Stop für Ihr Unternehmen sinnvoll ist. Wollen Sie dann am One Stop Shop-System teilnehmen, müssen Sie alle Rechnungen mit den jeweiligen Steuern der Erlösländer erstellen. Daher ist sicherzustellen, dass alle Länder mit den jeweiligen Steuern hinterlegt sind. Gegebenenfalls ist es auch notwendig, im Web-Shop die Steuersätze anzulegen und für die jeweiligen Länder zu hinterlegen.

Als Vorbereitung ist ebenfalls zu prüfen, ob die Rechnungsformulare den neuen Anforderungen entsprechen. Es reicht ein Hinweis, dass die Umsatzsteuer enthalten ist. Ein Ausweis der Umsatzsteuer macht später eventuell notwendige Korrekturen schwieriger.

OSS mit Afterbuy 2 DATEV nutzen

Die DATEV als größter Anbieter von Finanzbuchhaltungs-Software hat bereits jetzt die wichtigsten Voraussetzungen zur Umsetzung des OSS-Verfahrens vorgenommen. Dazu stellt sie den Funktions- und Steuerschlüssel AM 62 bereit. Alle Buchungen über diesen können über das OSS-Verfahren ab dem 01. Juli 2021 gebucht werden. Für Buchungen, die mit Lieferungen aus Amazon PAN EU-Lagern zusammenhängen, wird DATEV voraussichtlich ein Update ausliefern, in dem die dafür notwendigen Daten übertragen werden können. Das Update wird dazu die Felder Ursprungs- und Bestimmungsland sowie jeweils den Steuersatz und die Umsatzsteuer-ID zu diesen Buchungen enthalten.

Die von JERA entwickelte FIBU-Schnittstelle Afterbuy 2 DATEV wird ebenfalls für das OSS-Verfahren mit dem ADD ON Lieferschwelle | OSS erweitert. Über Afterbuy 2 DATEV können dann die Erlöse im OSS den jeweiligen Erlöskonten zugeordnet werden. Die Abgrenzung der OSS-Umsätze wird auf Basis eines Stichtags separat gebucht werden können. Dazu wird JERA ein entsprechendes Update herausbringen: Mit diesem wird Ihnen Afterbuy 2 DATEV ermöglichen, die Kontenzuordnung je Land einfach umzusetzen und die Funktionen der neuen DATEV-Schnittstellen-Version zu nutzen. Darüber hinaus arbeitet JERA derzeit daran, die Ausgabe und Archivierung der OSS-Umsätze in der Schnittstelle umzusetzen. Dazu hält JERA Sie auf dem eigenen BLOG auf dem Laufenden.

Fazit

Das One Stop Shop-System bietet Ihnen die Möglichkeit, die anfallenden Umsatzsteuern bei ausländischen Geschäften schneller und einfacher abzuführen. Bei der Finanzbuchhaltung hilft Ihnen die JERA Schnittstelle Afterbuy 2 DATEV mit dem erweiterten ADD ON Lieferschwelle | OSS künftig dabei, die OSS-Umsätze korrekt zu verbuchen. Sie können wie gewohnt saubere Buchungsstapel an Ihren Steuerberater übergeben.

WICHTIGER HINWEIS: Dieser Text soll Ihnen Anregungen zur Vorbereitung auf das Thema One Stop Shop im grenzüberschreitenden Handel in der EU liefern. Es handelt sich hierbei nicht um eine steuerliche Beratung. Keinesfalls ersetzt dieser Text die individuelle steuerliche Beratung durch Ihren Steuerberater!